Sachwalter & Co: Das Problem und die Lösung

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Wir, das Team von H24, so wie viele andere, die sich mit dem Thema der 24-Stunden-Betreuung und Pflege beschäftigen, aber auch pflegende Angehörige, haben zum Thema Vertretungsvollmachten schon so einige Erfahrungen machen müssen.

Das Problem

“Wer ist der Vertragspartner?” – eine Routinefrage beim Abschluss eines Vertrages über 24-Stunden-Betreuung? – Nein, keinesfalls!

Die Demenz des Betroffenen ist zwar noch nicht diagnostiziert, natürlich auch nicht behandelt, aber die Antwort ist meist dieselbe:

„Na, meine Mutter, natürlich! Sie unterschreibt noch alles selbst.“ – Aber hat sie auch noch irgendeine Ahnung, was ihr da vorgelegt wird?

Dass sie ihre Bankgeschäfte schon seit Jahren nicht mehr selbst abwickelt, und abwickeln kann, war vom ersten Augenblick an klar. Ihre Mutter ist also schon seit einiger Zeit nicht mehr geschäftsfähig.

OK, im Normalfall kann man ja davon ausgehen, dass es der Sohn oder die Tochter nur zum Besten für sie meint, vor allem, wenn es um ihre eigene Betreuung geht.

„Haben Sie sich schon mal überlegt, sich um eine Vertretungsbefugnis zu kümmern? Nur für den Notfall?“

„Das haben wir schon alles geregelt, ich habe die Zeichnungsberechtigung auf ihrem Konto!“ – Ich würde mal sagen, in 70% der Fälle ist das die Antwort.

Leider hat die Zeichnungsberechtigung für ein Konto nichts mit dem Recht zu tun, diese Person auch gesetzlich zu vertreten. Und im Falle von Unstimmigkeiten oder Streitigkeiten kann sich die Ausübung einer Zeichnungsberechtigung sogar zum Nachteil entwickeln.

Die Lösung

Es ist also auf alle Fälle von Vorteil, wenn Sie sich um eine anerkannte und registrierte Berechtigung kümmern, Ihre Angehörigen im Bedarfsfall vertreten zu dürfen. Dazu gibt es im Wesentlichen drei Arten:

  • Vorsorgevollmacht
  • Gesetzliche Vertretung durch nächste Angehörige
  • Sachwalterschaft

 

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Die Möglichkeiten für eine Vertretung von bedürftigen Personen

Dabei ist ein wesentlicher Unterschied zu berücksichtige: Die Vorsorgevollmacht kann nur gegeben werden, wenn die betroffene Person, in diesem Fall der Vollmachtgeber, geistig noch gesund und geschäftsfähig ist.

Sachwalterschaft und gesetzliche Vertretung durch nächste Angehörige können erst beantragt werden, wenn die betroffene Person bereits nicht mehr geschäftsfähig ist.

Alle diese Möglichkeiten sind zum Schutz von psychisch kranken und geistig behinderten Erwachsenen eingeführt worden. Durch die steigende Lebenserwartung ist die Wahrnehmung der Interessen von alten und pflegebedürftigen Menschen besonders wichtig geworden, vor allem, wenn diese nicht mehr fähig sind, ihre Geschäfte ohne Nachteil für sich selbst zu besorgen.

Ich werde nun also versuchen, diese drei Arten in einfachen Worten zu erklären. Genauere Informationen darüber erhalten Sie bei einem Notar oder Rechtsanwalt. Recht umfassend sind diese Themen auch auf help.gv.at beschrieben.

Vorsorgevollmacht

Mit einer Vorsorgevollmacht kann eine Person schon vor dem Verlust der Geschäftsfähigkeit, der Einsichts- und Urteilsfähigkeit oder der Äußerungsfähigkeit selbst bestimmen, wer sie als Bevollmächtigter vertreten kann.

Eine Vorsorgevollmacht macht vor allem dann Sinn, wenn die betroffene Person an einer fortschreitenden psychischen Erkrankung, wie z.B. Demenz oder Alzheimer, leidet, aber in einem frühen Stadium durchaus in der Lage ist, zu entscheiden, wer sie später vertreten soll.

Mit einer Vorsorgevollmacht, kann man aber auch Einschränkungen nach einem Unfall oder Operation regeln.

Die Vorsorgevollmacht gilt, solange die betroffene Person damit einverstanden ist.

Vorsorgevollmachten können von einem Notar oder Rechtsanwalt registriert werden, wodurch sie im Bedarfsfall immer auffindbar sind.

Die Wirksamkeit der Vorsorgevollmacht tritt meist erst beim Verlust der Geschäftsfähigkeit oder Einsichts- und Urteilsfähigkeit oder Äußerungsfähigkeit ein. Dazu muss ein ärztliches Zeugnis eingeholt werden, das darstellt, in welchem Umfang dieser Verlust eingetreten ist und in welchem Umfang die Vollmacht wirksam wird.

Für die Errichtung einer Vorsorgevollmacht gibt es drei verschiedene Möglichkeiten:

  • Sie wird eigenhändig geschrieben und unterschrieben
  • Sie wird vor einem Notar, einem Rechtsanwalt oder vor Gericht errichtet
  • Der Vollmachtgeber füllt ein Formular aus, welches von ihm sowie von drei Zeugen unterschrieben wird

Aber bitte, berücksichtigen Sie, ist der Verlust der Geschäftsfähigkeit einmal bekannt, oder sogar dokumentiert (z.B. in Form eines psychiatrischen Befundes), hat eine, zu diesem Zeitpunkt von der betroffenen Person unterzeichnete Vorsorgevollmacht keine Gültigkeit mehr.

Punkte, die eine Vorsorgevollmacht jedenfalls enthalten sollte:

  • Name, Geburtsdatum, Adresse der Vertrauensperson (oder Vertrauenspersonen)
  • Aufgabenbereiche, für die die betroffenen Vertrauenspersonen zuständig sind
  • Zeitpunkt, ab welchem die Vorsorgevollmacht wirksam wird und wie lange sie gilt
  • Individuelle Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen/des Betroffenen über ihre/seine Zukunft zu z.B.
    • Pflegeleistungen,
    • Heimaufenthalt bzw. Heimeinweisung,
    • Medizinische Versorgung,
    • Freizeitgestaltung

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Um als Bevollmächtigter auch auf das Bankkonto der betroffenen Person zugreifen zu können, ist es am einfachsten, eine Zeichnungsberechtigung zu erteilen, Damit können eventuell notwendige Spezialvollmachten die Banken fordern könnten, vermieden werden.

Um aber immer auf der sicheren Seite zu sein, sollte man sich von einem Notar oder Rechtsanwalt beraten lassen (die Erstberatung ist üblicherweise kostenlos!).

Die Betroffene/der Betroffene hat die Möglichkeit, eine einmal erteilte Vorsorgevollmacht jederzeit und formlos zu widerrufen. Ein Widerruf ist daher auch noch nach Eintritt des Vorsorgefalles (z.B. Verlust der Geschäftsfähigkeit) möglich. Er bedarf keiner Begründung.

Der Widerruf kann im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) registriert werden. Für die Registrierung fällt einmalig eine Registrierungsgebühr an.

Gesetzliche Vertretung durch nächste Angehörige

Wenn jemand aufgrund einer psychischen Erkrankung oder geistige Behinderung nicht oder nicht mehr in der Lage ist, ihre Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens abzuwickeln und kein Sachwalter bestellt wurde, so kann ein nächster Angehöriger die Vertretung der Person übernehmen.

Als nächste Angehörige gelten:

  • Ehegattin/Ehegatte (im gemeinsamen Haushalt lebend)
  • Eingetragene Partner (im gemeinsamen Haushalt lebend)
  • Lebensgefährten (mindestens drei Jahre mit der Betroffenen/dem Betroffenen im gemeinsamen Haushalt lebend)
  • Volljährige Kinder
  • Eltern

Der Angehörige muss den Betroffenen von seiner Vertretungsbefugnis informieren. Die betroffene Person kann der Vertretungsbefugnis allerdings widersprechen. Ein Formular für einen Widerspruch findet man auf den Seiten des Bundesministeriums für Justiz.

Diese Vertretungsbefugnis muss von einem Notar registriert werden!

Der Notar stellt dann eine Registrierungsbestätigung aus, die notwendig ist, um die Geschäfte, auch Geldgeschäfte, für die betroffene Person tätigen zu können.

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Die Sachwalterschaft

Die Sachwalterschaft ist dabei die am strengsten geregelte Form der Entziehung, bzw. Einschränkung der Rechte einer Person und hebt die davor geltende „Entmündigung“ auf.

Die Sachwalterschaft sollte als letztes Mittel zum Schutz der bedürftigen Person ergriffen werden, und zwar erst dann, wenn nicht eine entsprechende Vorsorgevollmacht oder eine gesetzliche Vertretungsbefugnis eines nächsten Angehörigen vorliegt.

Der Sachwalter wird vom Gericht bestellt und übernimmt die gesetzliche Vertretung der Person. Er vertritt ihre Interessen gegenüber Behörden, Ämtern aber auch privaten Vertragspartnern und verwaltet das Einkommen und Vermögen. Wenn notwendig organisiert er auch die medizinische Versorgung des Betroffenen. Als Sachwalter kann natürlich auch ein Familienmitglied fungieren.

Der Sachwalter soll mindestens einmal pro Monat Kontakt mit der betroffenen Person halten. In Krisensituationen natürlich öfter.

Sachwalter sind verpflichtet, dem Gericht regelmäßig, meistens einmal pro Jahr, Bericht zu erstatten. Einen Überblick über den Inhalt dieses Berichtest erhält man z.B. auf help.gv.at

Rechte der betroffenen Person

Keinesfalls soll die betroffene Person dem Sachwalter ausgeliefert sein.  Sie muss bei wichtigen Entscheidungen (z.B. Verkauf von Grundstücken) immer mit einbezogen werden.

Persönliche Grund- und Freiheitsrechte wie Briefgeheimnis, Hausrecht, Glaubensfreiheit und Wahlrecht werden durch die Sachwalterschaft nicht berührt.

Wenn die von der Sachwalterschaft betroffene Person Zweifel an der Tätigkeit des Sachwalters hat, kann sie bei Gericht um Überprüfung ersuchen.

Zusammenfassung

All diese Möglichkeiten klingen trocken, manchmal unsensibel und haben vielleicht sogar einen bitteren Nachgeschmack. Aber sehen wir das doch so, wie es eigentlich gedacht ist:

Die Interessen der schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft müssen geschützt werden.

Und genau das können wir mit diesen Mitteln sicherstellen. Immer wieder kann man in verschiedenen Zeitungsartikeln lesen, wie bedürftige Menschen ausgenützt werden. Also haben diese Gesetze und Richtlinien einen Sinn und wir sollten Sie zum Schutz unserer Angehörigen rechtzeitig nutzen, um Ihnen den Lebensabend zu ermöglichen, den wir uns auch für uns selbst wünschen.


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